„Das Problem ist die ständige Beschimpfungsorgie“ – der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer sprach in Ravensburg

„Meinungsfreiheit ist niemals die Freiheit von Kritik – sie schließt immer auch das Recht anderer auf Gegenrede mit ein.“ Mit diesen Worten eröffnete Timo Baljer, Kreisvorsitzender der Jungen Union (JU) Ravensburg, am vergangenen Mittwoch die Auftaktveranstaltung des „Jahrs der Kontroversen“. Mit dieser Veranstaltungsreihe wolle die JU die Streitkultur wiederentdecken, so Baljer. Gut 90 Zuhörer hörten zu diesem Anlass einen anekdotenreiche Vortrag von Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen). Unter dem Titel „Deutschland, Deine Debattenkultur – Eine kritische Bestandsaufnahme“ sprach der Tübinger Oberbürgermeister vor Mitgliedern aller Parteien über die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft.

Doch zunächst hielt die Digitalisierung bei der JU Einzug: Zu Beginn wurden die Anwesenden mit drei Thesen konfrontiert, über die per Smartphone abgestimmt werden konnte – mit prompter Ergebnisermittlung. Dabei stellte sich heraus, dass die allermeisten der Anwesenden eine Verrohung des politischen Diskurses wahrnehmen. Ferner beurteilte die knappe Mehrheit die Auswirkungen der sozialen Medien auf die Demokratie kritisch.

Palmer griff diese Ergebnisse auf und ergänzte sie mit eigenen Erfahrungen. „Das Problem ist die ständige Beschimpfungsorgie“, mahnte der bekannte Kommunalpolitiker. Er rief dazu auf, zwar nicht weniger kritisch, aber konstruktiv auf Gegenpositionen einzugehen. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass man „in jeder Streitfrage einen Konsens durchsetzt, denn Demokratie lebt ja gerade davon, dass man auch mal streitet“. Auch auf die AfD und deren Rolle warf Palmer einen analytischen Blick. Eine entscheidende Triebfeder der AfD sei, dass sich ihre Mitglieder als Opfergruppe inszenierten und so stärkeren Zusammenhalt generierten. Anstatt dies durch Stigmatisierung zu verstärken, wie es allenthalben geschehe, müsse gerade die CDU aktiv werden und konservativen Kräften wieder eine Heimat bieten. Für diese Aussage erntete der Grünen-Politiker lauten Zwischenapplaus.

Mit einem leichten Schmunzeln bedankte sich Timo Baljer bei Boris Palmer im Anschluss an Vortrag und Diskussionsrunde für die „stets willkommenen Ratschläge vonseiten der Grünen“ an die CDU und für Palmers Bereitschaft sich auch Debatten außerhalb der eigenen Partei zu stellen.

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