„Es ist nicht selbstverständlich, dass der Westen obsiegen wird“, konstatierten die beiden Gäste Dr. Johann Wadephul MdB und Bijan Djir-Sarai MdB.

Am Dienstag, den 2. Juni 2020 bot die Junge Union im Kreis Ravensburg in Zusammenarbeit mit der CDU Bad Waldsee und im Rahmen des Projekts „Jahr der Kontroversen“ eine öffentliche Online-Diskussionsrunde an. Mit knapp 30 Teilnehmern sprachen der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion für auswärtige Politik, Dr. Johann Wadephul MdB, und der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Bijan Djir-Sarai MdB, über Probleme und Potenziale des Westens.

Zustand des Westens

„Im Iran, wo ich geboren bin, galt eine pro-westliche Haltung immer als Eintreten für Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, letztlich für Fortschrittlichkeit. Heute ist das anders. Was wahrgenommen wird, ist ein Wertverlust nach innen und ein Machtverfall nach außen.“ So antwortete Djir-Sarai dem Vorsitzenden der CDU Bad Waldsee, Max Klingele, der die Veranstaltung gemeinsam mit Timo Baljer, dem Kreisvorsitzenden der JU Ravensburg, moderierte, auf die einleitende Frage nach Wesen und Zustand des Westens.

Auch Wadephul betonte, dass ein globales Infragestellen von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verhindert werden müsse; der Westen habe sich zu verteidigen. Doch wandte er sich gegen allzu große Schwarzmalerei: Als Baljer um eine Einschätzung bat, ob Trump als Präsident lediglich ein „Betriebsunfall der Geschichte“ sei, der „eine Renaissance des liberalen Multilateralismus“ erwarten lasse, betonte der Abgeordnete, die deutsch-amerikanische Freundschaft sei zentral für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Einerseits habe man der USA viel zu verdanken. Andererseits sei es kein Vergehen der USA, von Europa mehr Engagement einzufordern und Lasten gerechter zu verteilen: „Dass die USA von uns erwarten, selbst für unsere Sicherheit zu sorgen und dafür auch Geld auszugeben, ist weder ein Fehler der USA noch von Trump, sondern eine Selbstverständlichkeit.“

Die Rolle Chinas

Neben der transatlantischen Partnerschaft wurde intensiv über den Aufstieg Chinas diskutiert. Den chinesischen Ambitionen müsse man Grenzen aufzeigen, erklärte Djir-Sarai. China betreibe eine „knallharte interessenorientierte Außenpolitik“. Dieser müsse gemeinsam europäisch begegnet werden, anstatt sich dem Regelwerk Chinas zu unterwerfen.

Baljer verwies auf den Vorwurf des US-Botschafters Richard Grenell, der der EU eine Abkehr von westlichen Werten und eine Hinwendung zu chinesischem Geld vorgeworfen hatte. Insbesondere Deutschlands Zurückhaltung in Bezug auf die Geschehnissen in Hong Kong untermauere diesen Vorwurf.

Während Djir-Sarai Wirtschaftssanktionen nicht ausschließen wollte, wies Wadephul darauf hin, dass Deutschland – als Exportnation auf den chinesischen Markt bedacht –nicht übermäßig konfrontativ gegenüber China auftreten könne. Lösungen gebe es jedoch an anderen Ecken: Die Kooperation mit Ländern wie Kanada, Indien, Australien und Norwegen sei ein wichtiger Faktor im Umgang mit China, deren Potenzial noch weiter ausgeschöpft werden könnten.

Auf eine Frage eines JU-Mitglieds hin fügte der FDP-Politiker Djir-Sarai hinzu, sei China nicht alternativlos. Auch Ländern wie Malaysia böten Wertschöpfungsketten, die für Deutschland und die Europäische Union interessant seien.

Ausblick

Abschließend sprachen sowohl Wadephul als auch Djir-Sarai ihr Bedauern im Hinblick auf den Umgang des US-Präsidenten mit den aktuellen Demonstrationen aus: Von einem Präsidenten erwarte man, dass er erkenne, was die Bevölkerung bewege und daraus Schlüsse für seine Politik ziehe. Dass Trump die Unruhen mit seinem Verhalten stattdessen potenziere, sei enttäuschend.

In der Gesamtschau wurde deutlich, dass sich der Westen keinesfalls ausruhen kann, vielmehr steht seine Rolle in den Internationalen Machtverhältnissen auf dem Spiel. Doch es bestehen Handlungsmöglichkeiten verschiedenster Art, die ergriffen werden können, damit der Westen seine „neue alte“ Rolle behaupten kann.


Im Uhrzeigersinn: Dr. Johann Wadephul MdB, Bijan Djir-Sarai MdB, Maximilian Klingele, Timo Baljer

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